Das Studio / Die Tschechow Technik

 

"All true artists bear within themselves a deeply rooted and often unconcious desire for transformation."

Michael Tschechow

 

Michael Tschechow entwickelte seine methodischen Ansätze zunächst am Moskauer Künstlertheater. In seinem Werk verbinden sich vor allem Gedanken des Stanislawski-Systems mit Ideen zur Kunst von Rudolf Steiner.

Wie in vielen methodischen Untersuchungen ging es auch für Tschechow um die zentrale Frage: Wie erlangt der Künstler den Zustand der schöpferischen Inspiration? Ist dieser vom Zufall abhängig oder gibt es Wege und Möglichkeiten, ihn bewusst herbeizuführen und methodisch zu schulen?

Den Ansatzpunkt fand Tschechow in der Verwandlung des Denkens. Wie bereits andere Methodiker:innen erkannte Tschechow, dass das Alltagsbewußtsein für den schöpferischen Prozess unbrauchbar ist. Er bezeichnete den analytischen, intellektuellen Verstand als den "Mörder". Abhilfe sollte nicht durch die Unterdrückung der Denkaktivität, sondern durch deren Verwandlung in ein bildhaftes Denken geschaffen werden.

Nachdem die Schüler:innen verschiedene Vorübungen gemeistert haben - ihre Konzentrationskraft zugenommen hat, sie wacher beobachten können und in der Lage ist, innere Bilder zu sehen und diese zu verwandeln - sind sie fähig den Bühnencharakter vor ihrem inneren Auge aufzubauen. Nach einiger Zeit bekommt dieser Charakter in der Phantasie der Schauspieler:innen ein Eigenleben und sie treten in einen Dialog mit ihm.
("Zeige mir, Malvolio, wie Du die Gartentür öffnest. Zeige mir, wie Du Dir die Nase putzt …").

Tschechow´s Anliegen ist nicht neu. Für viele Künstler:innen war und ist es eine Selbstverständlichkeit, daß ihr Arbeitsprozess mit einer Innenschau beginnt. So sahen Goethe, Pirandello und viele andere Autor:innen ihre dramatischen Helden vor dem inneren Auge agieren und besprachen sich mit ihnen, bevor sie das "Geschaute" zu Papier brachten.

Diese Technik ist weit von psychologischen Interpretationen entfernt. Die Spieler:innen "sehen" ja, wie es ihrem Charakter geht und sie können das innerlich Geschaute zur äußeren Darstellung bringen. Häufig ergibt sich an diesem Punkt des schöpferischen Prozesses eine neue Hürde, die Tschechow mit den klassischen Hamlet-Worten "Oh schmölze doch dies allzufeste Fleisch" umschreibt, denn oft ist der Körper der Schauspieler:innen nicht durchlässig genug, um die innere Vision frei zum Ausdruck zu bringen.

Um dieses Hindernis zu überwinden, entwickelte Tschechow seine psycho-physischen Übungen. Es handelt sich hierbei um Übungen, die das feine Wechselspiel zwischen Körper und Seele trainieren, die Spieler:innen für feinste Gefühlsregungen sensibilisieren, ihren Ausdruckswillen stärken und ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Denken, Fühlen und Wollen herstellen.

Gegenüber seinen Schüler:innen faßte Tschechow seine Methode häufig mit den folgenden drei Worten zusammen:

Konzentration - Imagination - Verkörperung ... und als Geschenk die Inspiration

 

 

 

 

 

 

 

 

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